Jahrgang 10 besucht Erinnerungsort „Topf & Söhne“ in Erfurt

Öfen für den Massenmord – das war ein wichtiger Geschäftszweig der Firma Topf und Söhne im Zweiten Weltkrieg. Das Erfurter Familienunternehmen stellte seit 1939 im Auftrag der SS Hochleistungsöfen für die Krematorien von Konzentrations- und Vernichtungslager des NS-Regimes her und installierte und wartete sie vor Ort. Heute ist das ehemalige Verwaltungsgebäude des Betriebes ein Erinnerungsort und war jetzt im Rahmen des Geschichtsunterrichtes das Ziel einer Exkursion der Schülerinnen und Schüler der zehnten Jahrgangsstufe.

Bei einer Führung über das Außengelände und durch die Ausstellung im Gebäude erhielten die Gymnasiasten an Originaldokumenten einen Einblick in die Firmengeschichte und die tiefe Verstrickung des Unternehmens, aber auch einiger leitender Ingenieure in den staatlich organisierten Völkermord an den europäischen Juden sowie Sinti und Roma: Insgesamt lieferte die Firma mindestens 25 Öfen mit 76 Verbrennungskammern in die Konzentrationslager Buchenwald, Dachau, Mauthausen, Gusen, Auschwitz, Groß-Rosen und Mogilew. Bei Bedarf stellte Topf & Söhne der SS auch immer wieder mobile Verbrennungsöfen zur Verfügung. Zu sehen bekamen sie auch Akten der SS-Bauleitung Auschwitz, Verhörprotokolle aus Moskau und lange Zeit unzugängliche Firmendokumente, Schlüsseldokumente zum Holocaust, die den Gasmord in Auschwitz trotz der Spurenbeseitigung und Vertuschungsbemühungen der SS am Kriegsende eindeutig belegen.

Im Zentrum der Ausstellung steht die Abteilung Spezialofenbau im dritten Stock des Verwaltungsgebäudes. Hier entwickelten die Ingenieure der Firma Topf und Söhne die Verbrennungsanlagen für die Krematorien der Konzentrations- und Vernichtungslager, die sie später direkt vor Ort installierten und warteten, wodurch sie zu Mitwissern und Mittätern wurden. Die untersuchten Firmenunterlagen zeigten den Schülerinnen und Schülern der FWS: Die Firma und ihre Konstrukteure leugneten ihre Rolle als Mitwisser und Mittäter des Vernichtungsbetriebes, sie verstanden ihre Arbeit für die SS als ganz normalen Geschäftsauftrag und eher als technologische Herausforderung und waren durchaus stolz darauf, innovative Lösungen für spezifische Kundenwünsche zu finden. Die Spezialöfen in Auschwitz waren nach Firmendokumenten in der Lage, täglich bis zu 2650 Leichen zu verbrennen, über 70.000 pro Monat, fast eine Million im Jahr. Außerdem lieferte das Erfurter Unternehmen die Belüftungstechnik der Gaskammern und technische Ideen für die effiziente und perfektionierte industrielle Vernichtung von Menschenleben.

Einen besonders tiefen Eindruck hinterließ die Rolle des Oberingenieurs Kurt Prüfer, der sämtliche KZ-Öfen der Firma entwickelte und dabei sogar ohne Auftrag und aus freien Stücken der SS zeigte, wie der Massenmord in den neuen Krematorien noch effektiver durchgeführt werden könnte.

Der Besuch einer NS-Gedenkstätte durch die Abschlussklassen gehört seit vielen Jahren zum Schulprogramm der FWS, die als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ zertifiziert ist.